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Religionszugehörigkeiten 2019

Die Zahlen der Religionszugehörigkeiten in Deutschland zum 31.12.2019 sind: 43,3 Mio. EKD- und katholische Christen (52,0 Prozent), 4,3 Mio. konfessionsgebundene Muslime (5,2 Prozent), 3,3 Mio. Personen anderer Religionsgemeinschaften (4,0 Prozent) und 32,3 Mio. Konfessionsfreie (38,8 Prozent). Zusätzlich lässt sich die Zahl der tatsächlich Religiösen in Deutschland feststellen: Aktiv Gläubige aller Religionsgemeinschaften sind 6,6 Mio. (7,9 Prozent).

Vorbemerkung: Die nachfolgenden Zahlen sehen zwar zum Teil sehr exakt aus, sind aber – wie die meisten statistischen Zahlen – mehr oder minder genaue Annäherungen an die Realität. Insofern sind sie aber dennoch gut geeignet, Tendenzen aufzuzeigen.


Römische Katholiken und EKD-Evangelische

Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz gab es zum 31.12.2019 genau 22.600.371 katholische Kirchenmitglieder, die Evangelische Kirche in Deutschland berichtet 20.713.213 Kirchenmitglieder. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zum Bevölkerungsstand am 31.12.2019 hatte Deutschland 83,2 Mio. Einwohner. Daraus ergeben sich 27,2 Prozent römische Katholiken und 24,9 Prozent EKD-Christen.

Für beide Religionsgemeinschaften sind die Rückgänge der Mitgliederzahl entweder gleich groß wie in 2018 (EKD: minus 395.000 vs. 395.000) oder deutlich höher, wie bei den römischen Katholiken (minus 401.700.000 vs. 309.000 Mitglieder).

Der höhere Rückgang 2019 bei den römischen Katholiken gegenüber 2018 ist vor allem auf den gleichbleibend hohen Anstieg der Kirchenaustritte (um 26 Prozent) zurückzuführen (272.711 vs. 216.771). Abgesehen davon sind für beide Kirchen die Zahlen der Verstorbenen/Bestattungen höher als die Zahl der Kirchenaustritte.

Von den beiden großen Religionsgemeinschaften werden zudem eigene Angaben/Schätzungen zu Kirchenaustritten, Neueintritten/Wiederaufnahmen, Bestattungen, und Taufen publiziert.

Der Vergleich der Angaben für 2019 und 2018 zeigt u. a. zwei Eigentümlichkeiten. Zum einen sind die Schätzungen der EKD zu Kirchenaustritten und vor allem den Neueintritten/Wiederaufnahmen von 2019 identisch mit den Angaben von 2018. Zum anderen besteht zwischen den Angaben/Schätzungen der Kirchenstatistik und den Melderegistern eine Differenz von jeweils 30.000 Personen, was heißt das rund 8 Prozent der Veränderungen nicht erklärbar sind.

Ob sich in den Differenzen zwischen Kirchenstatistik und Melderegister bereits die nachfolgend angesprochenen Aspekte der Fehlertoleranz der Melderegister hinsichtlich einer Wanderungsbilanz darstellt oder ob die geringere Zahl der Kirchenstatistik zeigt, dass die Verstorbenen, die sich nicht kirchlich bestatten lassen, in der Kirchenstatistik auch nicht auftauchen, lässt sich nicht feststellen. Insbesondere für die EKD-Landeskirchen ist auch der EKD bekannt, dass der Anteil der Kirchenmitglieder, die sich nicht kirchlich beerdigen lassen, ansteigt. Es können und werden von der Kirche nur die kirchlichen Bestattungen gezählt. 2012, dem letzten Jahr in dem das Religionsmerkmal für Geburten, Heiraten sowie Verstorbene noch erfasst wurde, werden von den 335.570 verstorbenen Evangelischen nur 270.652 evangelisch bestattet. Eine Differenz von 64.918 Personen - was, wenn man bei dieser Größenordnung bleibt, knapp die Hälfte der Differenz zwischen Melderegister und Kirchenstatistik (minus 141.789 Personen) erklären würde und die andere Hälfte könnten dann Wanderungsverluste von Evangelischen sein, die sich im Melderegister nicht abgemeldet haben.

Melderegister

Die Gesamt-Zahlenangaben beruhen auf den Daten über Kirchenmitglieder in den staatlichen Melderegistern, die den Kirchen überspielt werden. Auch wenn in den Melderegistern Bereinigungen vorgenommen wurden, die infolge der Einführung der persönlichen Steuer-Identifikationsnummer durchgeführt worden sind, haben sie weiterhin eine Unschärfe von bis zu rund 2 Prozent zu viel. Wenn man davon ausgeht, dass es vor allem die heimkehrenden Arbeitsmigranten sind, die sich melderechtlich nicht abmelden, so hat das Auswirkungen vor allem auf die Zahl der römischen Katholiken in Deutschland

So hat das Erzbistum Hamburg 402.576 Kirchenmitglieder. Sie kommen aus 171 Nationen. 86.871 von ihnen haben einen nicht-deutschen Pass, was einem Anteil von 22 Prozent entspricht. „Die größte Gruppe stellen die Polen (41.478) vor den Italienern (7.344) und den Portugiesen (7.014).“ Das Erzbistum Berlin nennt, bei 408.723 Kirchenmitgliedern, ca. 85.000 „fremdsprachige Katholiken“, das sind rund 21 Prozent. Im Zensus 2011 wurden 1.602.510 römische Katholiken als Ausländer gezählt, von denen 1.217.980 ( = 76 Prozent) aus den 27 EU-Ländern stammen. Für die 252.160 EKD-Evangelischen mit ausländischer Staatsangehörigkeit sind es 122.810 ( = 49 Prozent) aus den EU27-Staaten.

In einer Übersicht zur Wanderungsstatistik 2019 für ausgewählte Staaten Europas mit überwiegend katholischer Bevölkerung zeigt sich durchgängig die Mehrzahl der melderechtlichen Zuzüge gegenüber den Fortzügen. Allerdings dürften für die Zahlen der Evangelischen ebenso die Fortzüge von Deutschen ins Ausland eine Rolle spielen.

Das als Hinweise, dass die Größenordnungen und Tendenzen in den ‚amtlich gezählten‘ Veränderungen zwar richtig, es aber keine exakten Zahlen sind. Auch die Thematik der Melderegister ist bislang nicht systematisch untersucht.

Kultur-Muslime

Um einerseits die Unterschiedlichkeit der Religionszugehörigkeitszuweisung im Islam zu berücksichtigen (Ist der Vater Muslim, sind auch die Kinder automatisch Muslime) und andererseits annähernd eine Vergleichbarkeit zu den Zahlenangaben der (christlichen) Kirchenmitglieder (mit der Möglichkeit des formalen Kirchenaustritts und der Konfessionsfreiheit) zu erreichen, hat die fowid-Gruppe sich darauf verständigt, nur die Muslime, die sich selbst als religiös bezeichnen, als konfessionsgebundene Muslime einzustufen. Die nicht-religiösen Muslime, die niemals religiöse Veranstaltungen besuchen, die sich aber aus Tradition, Lebensgewohnheiten u. a. m. als Muslime bezeichnen, werden entsprechend als „Kultur-Muslime“ bezeichnet.

Wie hoch der Anteil dieser nicht-religiösen Kultur-Muslime ist, ergibt sich u. a. aus den Studien „Muslimisches Leben in Deutschland (MLD 2008)“  des BAMF. Darin geben – mit unterschiedlichen Variationen aufgrund der Herkunftsländer – insgesamt 29 Prozent der befragten Muslime an, niemals religiöse Veranstaltungen zu besuchen, also auch niemals in die Moschee zu gehen (S. 161).

In der Studie des „Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung“ (2015) über „Teilhabe und Befindlichkeit: Der Zusammenhang von Integration, Zugehörigkeit, Deprivation und Segregation türkeistämmiger Zuwanderer in Nordrhein-Westfalen“ bezeichnen sich 95 Prozent der Befragten als Muslime. „Die Religiosität ist – nach subjektiver Einschätzung der Befragten – unter den befragten Muslimen stark ausgeprägt: 80 % definieren sich als religiös, 14 % als sehr und 66 % als eher religiös, ein Fünftel sieht sich als eher oder gar nicht religiös (17% eher nicht und 3% gar nicht).“ (S. 21/22) Von den muslimischen Männern bezeichnen sich 77 Prozent als religiös, von den Frauen 84 Prozent.

Zudem kommt die Studie der Konrad Adenauer Stiftung von Sabine Pokorny: „Aktivität ist ansteckend. Soziale und politische Partizipation von Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund und in Deutschland lebender Ausländern“ (2016, S. 12) zu dem Ergebnis: „32 Prozent der Muslime machen keine Angabe zu ihrer religiösen Ausrichtung und 4 Prozent geben an, keiner bestimmten Gruppe innerhalb des Islam anzugehören.“ Das „deutet darauf hin, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der in Deutschland lebenden Muslime relativ säkular ist.“

Als Schlussfolgerung hat fowid sich entschieden, 20 Prozent der Muslime als nicht-religiöse Kultur-Muslime anzunehmen und sie entsprechend als Konfessionsfreie aus der Gesamtzahl der Muslime herauszurechnen.

Dieser Anteil soll erst einmal so bestehen bleiben, obwohl neue Studien zur Religionszugehörigkeit und religiösen Praxis der (2013 -2006) Geflüchteten darauf hinweisen, dass von den geflüchteten Muslimen rund vier Fünftel (78,5 Prozent) nicht am religiösen Geschehen in einer Moschee teilnehmen.

Es wird zu klären und zu diskutieren sein, ob der Anteil der nicht konfessionell „Kultur-Muslime“ nicht auf 40 Prozent der „Zähl-Muslime“ erhöht werden sollte.

Veränderungen 2019

Um die Veränderungen innerhalb des Jahres 2019 zu beschreiben, ist der Jahresbericht des BAMF zu den Asylerstanträgen im Jahr 2019 hilfreich. 2019 hat es 142.059 Asylerstanträge gegeben. Von den Antragstellern gaben 62 Prozent an, muslimisch zu sein, das sind 88.318 Personen. Davon sind nach fowid-Einschätzung mindestens 20 Prozent „Kultur-Muslime“ ohne religiöse Begründung, so dass (für 2019) rund 70.000 Personen dem Islam zuzurechnen sind.

Diese Daten sind auch hinsichtlich der Religionsgemeinschaften aufschlussreich, da sie verdeutlichen, dass die offiziellen Zahlen des Anteils der Religionszugehörigkeiten (z. B. Iran: 99,5 Prozent Muslime) nicht mit der Zusammensetzung der Schutzsuchenden übereinstimmt (Iran: 32 Prozent Muslime, 36 Prozent Christen, 25 Prozent Konfessionsfreie), da vor allem die Zugehörigen von religiösen Minderheiten Flüchtlinge sind.

Die Top Ten und insgesamt:

Weitere Erörterungen zur Wanderungsstatistik, wie in den Ausführungen zu den Religionszugehörigkeiten 2018 noch dargestellt wurden, sollen dieses Jahr unterbleiben, da sie grundsätzlich nichts an den Größenordnungen ändern.

Kleinere Religionsgemeinschaften / Konfessionsfreie

Für die kleineren Religionsgemeinschaften liegen von REMID - der bislang verlässlichsten Quelle zu diesem Thema -, seit spätestens 2017 keine neueren Zahlenangaben vor, so dass die bisherigen Angaben, bis auf eine Ausnahme, unverändert beibehalten wurden. Die Ausnahme sind die christlichen Orthodoxen. In der bereits erwähnten Asylerstantragsstatistik für 2019 werden 28.846 „Christen“ genannt. Aus der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten lässt sich erschließen, dass rund die Hälfte von ihnen Orthodoxe sind, also rund 14.000 Personen. Insofern erscheint es sinnvoll, den Orthodoxen (und damit auch den „sonstigen Religionszugehörigen“) Zugewanderte in der Größenordnung von rund 40.000 Personen hinzuzufügen, so dass ihr Anteil um 0,1 Prozent von 3,9 auf 4,0 Prozent ansteigt.

Die Anzahl der Konfessionsfreien/Menschen ohne Religionszugehörigkeit ist die Differenz zwischen der Bevölkerungszahl und der Summe der Angehörigen von Religionsgemeinschaften. In dem Anstieg dieser Anzahl (um 900.000) auf 32.271.000 Personen (= 38,8 Prozent) zeigen sich u. a. die rund 540.000 Kirchenaustritte aus der evangelischen und katholischen Kirche an, wie zudem der Anstieg in der Bevölkerungszahl, für die kein wesentlicher Anstieg in den Religionsgemeinschaften zu erkennen ist, sondern – am Beispiel des Rückgangs der Taufen – eher das Gegenteil.

Die Verteilung der Religionszugehörigkeiten auf die Bundesländer – die aufgrund der Datenlage nur für die amtskirchlichen Kirchenmitglieder gegenüber allen anderen Bürgern möglich ist – zeigt das bekannte Norden+Osten bzw. Süden+Westen Gefälle, das mit den Zählungen im Zensus 2011 detailliert in den 5 Artikeln zu Konfessionen in Deutschland dargestellt ist.


Tatsächlich Religiöse

Es war bereits öfters thematisiert worden, dass die formale Kirchenmitgliedschaft, die in Deutschland als Religionszugehörigkeit gezählt wird, nicht den Rückschluss darauf zulässt, wie viele dieser formalen Kirchenmitglieder tatsächlich gläubige Christen sind. Sofern man davon ausgeht, dass diese „Gläubigkeit“ sich – in einem freien Land – in der Teilnahme am Gemeinedeleben darstellt, so sind die Zahlen der regelmäßigen Kirchen- bzw. Gotteshausbesucher zum Gottesdienst dafür ein hinreichender Indikator. Fasst man diese Gottesdienstteilnahme dann auch noch recht weit, dass man als Gläubiger zumindest einmal im Monat an einem Gottesdienst teilnimmt, so verringert sich dennoch die Anzahl der Gläubigen d. h. der tatsächlich Religiösen erheblich.

Nach den Angaben der Deutschen Bischofskonferenz nahmen2019 noch 9,1 Prozent der Katholiken ‚regelmäßig‘ am Gottesdienst teil. In den evangelischen Landeskirchen belief sich der Anteil der Gottesdienstbesucher (2017) auf 3,4 Prozent. Unter den Muslimen wird der regelmäßige Moscheebesuch (zum Freitagsgebet) von rund 50 Prozent praktiziert. Da bei den Muslimen der Aspekt des gesellschaftlichen Lebens und des Kontaktes zu Gleichgesinnten – wie bei allen kleineren Religionsgemeinschaften – eine größere Bedeutung hat als unter den christlichen Kirchenmitgliedern, darf eine höhere Glaubenspraxis auch bei  den anderen kleineren Religionsgemeinschaften angenommen werden.

Die Mitgliederzahlen umgerechnet auf praktizierende Gläubige, d. h. religiös Aktive, sowie auf religiös Passive plus Konfessionsfreie zeigt die geringe Anzahl der religiös Gläubigen, die noch 7,9 Prozent der Bevölkerung darstellen.

Eine frühere Studie der ALLBUS-Auswertungen zur „Kirchganghäufigkeit In Deutschland 1980-2016“ kommt (für 2016) noch auf einen Anteil der religiös Gläubigen von rund 12 Prozent.

(CF, MSS, WK)