Kirchliches Leben Landeskirche Thüringen 1991 - 2007
Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen war bis 2008 eine von 23 Landeskirchen der EKD. Die Kirche mit Sitz in Eisenach hatte 2007 ca. 431.500 Gemeindeglieder in 1.308 Kirchengemeinden, das sind etwa 27 Prozent der Bevölkerung.
Am 1. Januar 2009 fusionierten die Thüringische Landeskirche und die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, nachdem die Synoden der beiden Landeskirchen im Jahr 2007 die Vereinigung ihrer beiden Landeskirchen beschlossen hatten und sich am 5. Juli 2008 eine gemeinsame Verfassung gaben.
Geschichte
Das Gebiet der Landeskirche in Thüringen umfasste große Teile des heutigen Bundeslandes Thüringen sowie kleine Teile des sachsen-anhaltischen Gebiets um Allstedt und Molau. Die 1945 oder später hinzugekommenen preußischen Teile Thüringens gehörten bis 2008 zur Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen. Das Gebiet um Schmalkalden gehört zur Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck.
Die „Thüringer Evangelische Kirche“ entstand 1918. Nach der Aufhebung der Monarchie beschloss man den Zusammenschluss von sieben eigenständigen Landeskirchen zu einer einheitlichen Landeskirche, noch vor der Gründung des Landes Thüringen (1920). Die sieben Landeskirchen waren die des Großherzogtums Sachsen, der Herzogtümer Sachsen-Gotha, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Meiningen und der Fürstentümer Reuß, Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen.
1920 wurde die Thüringer Evangelische Kirche formell errichtet, das Land erst 3 Monate später. Die Evangelisch-Lutherische Kirche des ehemaligen Fürstentums Reuß ältere Linie schloß sich 1934 als achte Landeskirche der Thüringer Evangelischen Kirche an. Mit der Novemberrevoluition hatten die Kirchenoberen den Verlust bisheriger staatskirchlicher Privilegien erlebt und lehnten die Weimarer Verfassung ab, weil damit das Staatskirchentum prinzipiell zu Ende war.
Während der Zeit des Nationalsozialismus begrüßte die Thüringer Kirchenleitung die Machtergreifung des NS-Regimes und hoffte auf die „Maßnahmen zur Reinigung und Erneuerung unseres Volkslebens und zur Erhaltung der Ehrfurcht vor dem, was unserm Volk heilig bleiben muss.“
1933 verabschiedete der noch frei gewählte Landeskirchentag mehrere Gesetze zur Gleichschaltung der Kirche mit dem NS-Regime, indem er dem Landeskirchenrat das Recht zum Erlass von Kirchengesetzen einräumte. Die Thüringer evangelischen Pfarrer und Kirchenbeamten waren eingebunden in das System der Ausgrenzung von Deutschen jüdischer Herkunft, indem sie auf Verlangen sogenannte Ariernachweise auszustellen hatten und beteiligten sich am negativen Ausschlussverfahren für bestimmte Berufe, aus denen Menschen jüdischer Herkunft ausgeschlossen wurden.
In dem Zuge wurde die Kirchenordnung ergänzt, dass die kirchliche Trauung von Christen mit Juden verweigert werden konnte, „wenn infolge zu großer Verschiedenheit der Rasse der Eheschließenden die Voraussetzungen für eine sittlich hochstehende eheliche Gemeinschaft fehlen“ (Thüringer Kirchenblatt 1933 A Nr. 7, S. 18 ). Mit diesem ersten rassistisch-judenfeindliche Gesetz einer evangelischen Landeskirche hatte man mit den lutherischen Bekenntnisschriften gebrochen und es regte sich Widerstand. Bereits 1933 bildete sich der Pfarrernotbund und Anfang 1934 die Bekennende Kirche.
Als 1935 die Nürnberger Rassengesetze erlassen wurden, drängte die Thüringer Kirchenleitung ihre Pfarrer auf Einhaltung ihrer rassistischen Kirchenordnung und verbot die Eheschließung zwischen sog. Ariern und Juden. Ab 1939 durften Juden und sogenannte „Judenstämmlinge“ keine Kirchenmitglieder mehr werden und sämtliche Amtshandlugen wurden für sie verboten. Auch der Religionsunterricht wurde benutzt, um die NS-Ideologie zu verbreiten. Noch zwischen 1941 und 44 wurde die Thüringer Kirchenordnung verschärft und Juden und deren Kinder von der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen.
1945 wurde der letzte DC-Landesbischof von den US-Militärbehörden verhaftet und danach ein kirchlich-organisatorischer Neubeginn gesetzt mit Vertretern der Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft, der Religiösen Sozialisten und des Wittenberger Bundes.
1948 erhielt die Landeskirche eine neue Verfassung. Danach nannte sie sich „Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen“. Die Kirche trat der EKD bei und war Gründungsmitglied der VELKD. Seit dem 1. Juli 2004 bildeten die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen die Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland, die zum 1. Januar 2009 in einer Kirchenfusion aufgingen.
Kirchliches Leben
Die Mitgliederentwicklung, d. h. die Zahl der Kirchenaustritte nach der deutschen Wiedervereinigung, hat sich für die Landeskirche in Thüringen erst 1993 stabilisiert.
In den vier dargestellten Ereignissen des kirchlichen Lebens (Taufen, Konfirmationen, Trauungen sowie Bestattungen) zeigen sich die für die Landeskirchen in den Neuen Bundesländern typischen Verteilungen. Allerdings verweist die durchschnittliche Zahl der Bestattungen auf die normale Altersverteilung der Kirchenmitglieder.
Bei den Trauungen wie bei den Taufen stagniert die Anzahl der Ereignisse in den ab 1992 betrachteten zehn Jahren pro 1.000 Kirchenmitglieder auf niedrigem Niveau. Ab 2001 steigen jedoch die Zahlen zu diesen beiden Ereignissen und erreichen 2007 sogar das EKD-Niveau. Bei den Konfirmationen ist ab 1997 ein dem Durchschnitt der EKD gegenläufiger Trend zu beobachten.
Während die Anzahl der Mitglieder der Kirche zwischen 1990 und 2007 auf etwa die Hälfte absinkt, ist bei den Gottesdienstbesuchern nur ein Drittel weggeblieben, doch gleichbleibend bei etwas mehr als 4 Prozent geblieben.
(aktualisiert 2019 - SFE)